So kommen die beiden aber zumindest virtuell ordentlich in der Welt herum. Am Ende des vergangenen Jahres beteiligte sich das Ehepaar beispielsweise am New York Marathon über die zehn Kilometer. Beide erhielten ein T-Shirt und eine Urkunde von der Veranstaltung.
„Da wären wir sonst nie rangekommen“, berichtet Uwe Hinz. Auch den Sydney Marathon bestritten er und seine Frau bereits virtuell. Diese Orte nach der Pandemie mal in der Realität für einen Wettkampf aufzusuchen, kommt für das Duo nicht in Frage. „Uns sind die Läufe in Oldenburg oder Bremen schon aufregend genug“, verrät Gunda Hinz. Auch dort gebe es bereits Wartezeiten am Start von einer Viertelstunde wegen der vielen Teilnehmer. „Wir haben keine Lust, in New York bei Kälte oder Regen zwei Stunden auf den Start zu warten“, so Uwe Hinz.
Nicht vielen Paaren gelingt es, ein sportliches Hobby zu finden, das man auch gemeinsam ausüben kann. „So können wir uns gegenseitig besser motivieren“, versichert Gunda Hinz. „Ansonsten würde das Sofa auch zu sehr locken“, ergänzt Uwe Hinz. Es gelte immer wieder aufs Neue, den inneren Schweinehund zu überwinden.
„Wir stehen beide oft kurz davor, zu kneifen“, sagt Uwe Hinz. Doch eine Stunde Laufen sei dann doch immer möglich. Sie laufen aber nur bedingt gemeinsam. „Ich kann nicht so schnell laufen wie Uwe. Er müsste sich schon sehr zurücknehmen, damit wir nebeneinander laufen können“, betont Gunda Hinz. Also suchen sie sich meist jeweils einen in etwa gleich schnellen Laufpartner aus dem Verein.
Das war beim Spinning noch anders. „Ich habe Uwe mit Spinning angesteckt, da es ja auch eine Trainingsalternative fürs Radfahren im Winter ist. Da konnten wir unser eigenes Tempo wählen, haben den Sport aber dennoch Seite an Seite ausgeübt“, erklärt Uwe Hinz, der sogar jahrelang als Spinning-Trainer im Einsatz war.
„Man muss aber viel Zeit investieren, um eine Spinning-Stunde vorzubereiten. Da habe ich irgendwann die Motivation verloren“, räumt Uwe Hinz ein. Darunter habe die Qualität des Trainings gelitten. Die 62-jährige Gunda Hinz ist bereits in den 1990er Jahren regelmäßig gejoggt, ehe sie aufs Spinning umstieg.
2014 zog das Ehepaar Hinz aus Delmenhorst nach Lemwerder, wo es sich ein Haus baute. „Wir haben hier nach Freizeitmöglichkeiten gesucht und sind dann dabei auf die SG akquinet Lemwerder gestoßen“, berichtet Gunda Hinz. Hier nahm Coach Karl Spieler die beiden unter seine Fittiche.
„Ich musste erst einmal ganz langsam anfangen. Ohne Karl hätte ich, glaube ich, schnell den Spaß an meinem neuen Sport verloren. Er passt auch heute noch sehr gut auf uns auf“, sagt Uwe Hinz. Wenngleich der 58-Jährige über keinerlei Vorerfahrungen im Laufbereich verfügte, brauchte er nicht lange, um die magische Eine-Stunde-Marke über die zehn Kilometer in 55 Minuten deutlich zu unterbieten. Sowohl für den Technischen Zeichner, als auch für dessen Ehefrau handelt es sich bei den zehn Kilometern um die Lieblingsdistanz.
Gunda Hinz hatte sich aber im vergangenen Jahr sogar für den ersten Halbmarathon angemeldet. Das Event in München fiel jedoch der Corona-Pandemie zum Opfer. Uwe Hinz hat seinen ersten Lauf über die halbe Marathonstrecke, also über 21,1 Kilometer, bereits hinter sich. Beim Hasetal-Marathon des VfL Löningen vor zwei Jahren durfte er mit seiner Zeit von 2:18 Stunden auch durchaus zufrieden sein. „Das hatte ich aber auch Karl Spieler zu verdanken. Durch ihn habe ich gelernt, mir ein solches Rennen richtig einzuteilen“, betont Uwe Hinz. Ansonsten wäre er den Lauf zu schnell angegangen und frühzeitig kaputt gewesen. „So aber war ich selbst nach der Zielankunft noch fit“, versichert der Späteinsteiger.
Bestzeiten und vordere Plätze sind für Gunda und Uwe Hinz aber eher zweitrangig. „Wir wollen in erster Linie mit Spaß laufen und uns selbst nicht so unter Druck setzen“, sagt Uwe Hinz. Für Gunda Hinz ist das Laufen auch eine Art Therapie. Ganz offen spricht die Frührentnerin über Depressionen, von denen sie vor sechs Jahren erstmals heimgesucht worden sei.
„Das Laufen hat mir geholfen, wieder aus dem Loch herauszukommen“, informiert die frühere Speditionskauffrau, die vor drei Jahren gesundheitsbedingt vorzeitig in Rente ging. Sie genieße es, bei schönem Wetter zu laufen. Das tat sie auch während der eisigen Temperaturen im Februar. „Ich bin eigentlich solch ein großer Frostködel, dem immer kalt ist. Aber bei der klaren Luft wäre ich am liebsten immer weiter gelaufen“, verrät Gunda Hinz.
Das Ehepaar Hinz teilt mit dem flotten Fahrradfahren auch noch ein weiteres gemeinsames Hobby. Jahrelang nahmen Gunda und Uwe Hinz auch an den Cyclassics, dem Radrennen für Jedermann, in Hamburg teil. Die 100 Kilometer lange Radstrecke führt dabei unter anderem über die berühmte Köhlbrandbrücke. „Die haben wir schon zu Fuß, mit dem Fahrrad und mit dem Auto überquert“, lässt Uwe Hinz wissen. Aber auch wenn es mit dem Rad nicht zu vorderen Plätzen für die beiden gereicht hat, genossen sie das Spektakel stets in vollen Zügen. „Während es vor 20 Jahren aber eher noch klein und kuschelig war, so beteiligen sich mittlerweile mehr als 20.000 Leute an der Veranstaltung. Das ist uns zu groß“, sagt Gunda Hinz, die für dieses Event ihr Fitnessfahrrad immer ein bisschen aufpimpte. „Ich habe extra schmale Reifen aufgezogen, die ich dann ganz fest aufgepumpt habe“, berichtet die 62-Jährige. Das Geräusch der Reifen sei extrem laut gewesen.
„Aber so konnte ich ratzfatz auf 30 Kilometer pro Stunde beschleunigen“, so Gunda Hinz. Vor drei Jahren absolvierte sie die 100 Kilometer in der Elbmetropole in dreieinhalb Stunden. Uwe Hinz schaffte es auf seinem Rennrad sogar in drei Stunden und wies somit immerhin einen Schnitt von 33,33 Kilometern pro Stunde auf. Mittlerweile beschränken Gunda und Uwe Hinz ihr Fahrradfahren aber auf den privaten Bereich.
Die Leidenschaft für den Fußball-Bundesligisten Werder Bremen teilen die Eheleute Hinz ebenso. „Wir leiden schon sehr mit Werder“, gibt Gunda Hinz zu. Wenn sich mal die Gelegenheit bietet, fahren die beiden auch mal zusammen ins Weserstadion. „Am liebsten nehmen wir dabei das Schiff von Lemwerder direkt zum Stadion“, teilt Gunda Hinz mit. Ansonsten seien sie hobbymäßig mit drei bis vier Laufeinheiten pro Woche aber gut ausgefüllt. Wenn nicht gerade Corona ist, nehmen sie auch noch an den Wochenenden an etwa 15 bis 20 Volksläufen pro Jahr teil. Auch im Urlaub picken sich die beiden mal das eine oder andere Lauf-Event heraus.
Wann es wieder nicht-virtuelle Läufe gibt, vermag im Moment niemand so recht zu beurteilen. „Vielleicht geht es im Herbst wieder los“, vermutet Gunda Hinz, die ihr Training im vergangenen Jahr ganz auf den Halbmarathon in München ausgerichtet hatte – der dann bekanntlich gar nicht stattfand. „Das macht das Training ja auch so schwierig“, gibt die Ehefrau von Uwe Hinz zu bedenken.
Diese stellt gerade einen Laufboom fest. „Ich habe auf jeden Fall den Eindruck, dass mehr Leute laufen, als vor der Corona-Krise. Es sind aber auch insgesamt mehr Menschen zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs“, sagt Gunda Hinz, die es als riesengroßen Vorteil ansieht, dass sie ihrem Hobby nach wie vor nachgehen könne.
„Unseren tollen Trainingsplatz mit Tartanbahn in Lemwerder haben wir aber schon seit einem Jahr nicht mehr gesehen“, bedauert Gunda Hinz. Dafür gebe es aber viele tolle Laufstrecken in der Umgebung, wie die in Richtung Ochtum-Sperrwerk. Gunda Hinz wolle noch lange bei Laufwettbewerben starten. „Je älter ich werde, desto besser werden schließlich meine Platzierungen in meiner Altersklasse.“
Zur Person
Gunda (62) und Uwe Hinz (58)
sind seit vier Jahren Mitglied bei der SG akquinet Lemwerder und seit fast 15 Jahren miteinander verheiratet. Sie lernten sich im November 2002 im Internet kennen. Für beide ist es bereits die zweite Ehe. Uwe Hinz hat eine 22-jährige Tochter aus erster Ehe. Das gemeinsame Interesse lag zunächst im sportlichen Radfahren. Später kamen dann auch noch das Spinning als Trainingsalternative für den Winter und das Laufen hinzu. Während Uwe Hinz als Techniker noch beruflich im Einsatz ist, so wurde die frühere Speditionskauffrau Gunda Hinz wegen gesundheitlicher Probleme bereits frühverrentet. Für beide ist die Zehn-Kilometer-Strecke die Parade-Disziplin. Dabei weist Uwe Hinz eine Bestzeit von 55 Minuten auf. Gunda Hinz bewältigte die Distanz beim Bremen Marathon einmal in 1:07 Stunden. Aber trotz allen Ehrgeizes möchte das Ehepaar sportlich gesehen nicht in den Leistungsbereich aufsteigen, sondern weiter vor allem aus Spaß an der Freude laufen.
Quelle:
Weser-Kurier vom 04.03.2021.